Programm DE
Donnerstag, 6. Juni 2024
Tagungssprache am ersten Tag ist Englisch
09:00 – 09:30
Registrierung der Teilnehmenden
09:30 – 09:45
Begrüßung durch die Direktorinnen des Instituts für Museumsforschung (IfM) und des Museums Europäischer Kulturen (MEK)
Patricia Rahemipour und Elisabeth Tietmeyer
09:45 – 10:30
Key Note: „Intangible Heritage, Museum and the Scences“
Moderation: Patricia Rahemipour (IfM)
Jüngste Studien über die Bedeutung der Sinne in Galerien, Bibliotheken, Archiven und Museen zeigen, dass sinnliche Interaktion sinnvolle Lernerfahrungen ermöglicht, die das Erbe zum Leben erwecken und zu seinem besseren Verständnis führen. Was bedeutet dies für das weite Feld des immateriellen Kulturerbes und der Museen?
Schließlich bezieht das immaterielle Kulturerbe den gesamten menschlichen Körper mit ein. Die Sinnlichkeit, mit der immaterielles Kulturerbe praktiziert und erlebt wird, ist untrennbar mit ihm verbunden, und immaterielles Kulturerbe kann ohne Sinnlichkeit nicht existieren. Die Inventarisierung, Dokumentation und Präsentation von immateriellem Kulturerbe gipfelt jedoch häufig in Darstellungen, die auf der Grundlage einer stark visuell und auditiv geprägten Wissenskonstruktion formuliert werden und oft eine Verdrängung aller Sinne außer dem Sehen und Hören aufweisen.
Sophie Elpers wird in ihrer Keynote der Frage nachgehen, wie das Regime der traditionell als stärker verstandenen Sinne im Bereich des immateriellen Kulturerbes überwunden werden kann und welche Rolle Museen dabei spielen können. Welche Methoden sind ratsam, was sind die Risiken und Herausforderungen, und welche Chancen ergeben sich?
10:30 – 12:30
Panel: Praktiken des immateriellen Kulturerbes
Moderation: Judith Schühle (MEK)
Dieses Panel soll sich auf Praktiken konzentrieren, die im dynamischen Feld der Beziehungen zwischen Museen und Praxisgemeinschaften aus dem Immateriellen hervorgehen und es umgeben. Zu diesen Praktiken gehören (unterschiedliche) Vorstellungen von der Sicherung des Immateriellen, aber auch Verhandlungen über das Sammeln, Bewahren, Präsentieren und Erinnern des Immateriellen in Museen. Die Praktiken bestehen auch aus vielfältigen Formen der Partizipation sowie der (impliziten und expliziten) Infragestellung dominanter (Wissens-)Strukturen, wenn immaterielles Erbe und das damit verbundene Wissen in das Wissenssystem des Museums eindringen und es damit herausfordern könnten.
Der Beitrag stützt sich auf Pierre Noras Diskussion über Erinnerungsorte (lieux de mémoire) und positioniert die Unterscheidung „zwischen Erinnerung und Geschichte“ (1989) in zeitgenössischen Ansätzen zum Schutz des immateriellen Erbes (UNESCO 2003). Während „Erinnerung“ Wissensformen und Praktiken widerspiegelt, die in sinnliche und verkörperte Erfahrungen von Gemeinschaften eingebettet sind, die über Generationen hinweg weitergegeben werden, wird „Geschichte“ zum Synonym für die Entstehung moderner Wissenskategorien der Bewahrung, Interpretation und Repräsentation, oft durch den Bruch zwischen Vergangenheit und Gegenwart und die Verquickung der Ersteren mit verschiedenen sozio-politischen Ideologien. Wie können Fachleute aus dem Bereich der Museen und des Kulturerbes als Akteure der Geschichte und der Bewahrung auf die Forderung nach einem lebendigen, von den Gemeinschaften weitergegebenen Erbe reagieren? Was sind die praktischen und ethischen Implikationen des Schutzes des lebendigen Erbes in Museen und Kulturerbe-Institutionen? Der Beitrag versucht, diese Fragen zu beantworten, indem er den konzeptionellen Rahmen untersucht, der die Diskussionen über den Schutz des lebendigen Erbes im Rahmen des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz des immateriellen Kulturerbes von 2003 umgibt, und Wege für die Arbeit mit dem „Gedächtnis“ aus einer museologischen Perspektive betrachtet. Dies setzt eine Neuausrichtung der Museumsarbeit voraus, weg von Objekten, die von ausgebildeten Fachleuten kuratiert werden, hin zu gemeinschaftsbasierten Kenntnissen und Praktiken. Das Papier diskutiert Fälle von Museen und anderen Kulturerbe-Institutionen, die im Rahmen der partizipativen Wende tätig sind, und hebt einige der Herausforderungen und Möglichkeiten der Arbeit an der Schnittstelle von Erinnerung und Geschichte hervor.
Die Definition eines Museums hat sich weiterentwickelt. In früheren Zeiten dienten Museen als Kanäle zur Präsentation des Konzepts einer „Nation“, die es den Menschen ermöglichten, etwas über ihr Land zu lernen und dessen großartige Errungenschaften zu präsentieren. Sie stellten auch exotische Formen und „koloniale Subjekte“ vor, und zwar durch eine, wie ich es nenne, „autorisierte Erzählung“, die von denjenigen verfasst wurde, die in der Lage waren, Einfluss auszuüben. In der heutigen Zeit geht es in Museen jedoch nicht mehr nur um die Ausstellung von Objekten und kulturellen Artefakten, sondern sie sind zu wichtigen Wissenszentren geworden, die sich mit der Bedeutung der Einbeziehung verschiedener Stimmen im Sinne von Inklusion und Vielfalt befassen.
In diesem Vortrag werde ich die verschiedenen Formen der Verhandlung und die beteiligten Akteure in unterschiedlichen Umgebungen erörtern und ihre Rolle bei der Gestaltung und Weitergabe des immateriellen Erbes untersuchen. Zu den untersuchten Kontexten gehören „Sinn“, „Erinnerung“, „umkämpfte Räume“ und „marginalisiert“.
Die Fälle werden anhand der Idee des Museums als Raum der Verhandlung und der Performativität untersucht: ein Ort, der eher zur Debatte als zur Konformität anregt. Darüber hinaus wird das Museum als ein Raum betrachtet, der den Menschen nicht vorschreibt, was oder wie sie denken sollen, sondern sie vielmehr dazu anleitet, was sie denken sollen, indem er kritisches Denken fördert und den Sinn für das Gute im Menschen stärkt.
Anhand der Erfahrungen aus einem Workshop zum Kapazitätsaufbau im Bereich ICH für nachhaltige Entwicklung in Florenz (Heritage-s. pedagogical approach to the safeguarding of cultural heritage, 2015-16), an dem mehrere Museen und Ökomuseen beteiligt waren, analysieren wir einige Auswirkungen des ICH-Paradigmas auf die Denkweise und die Praktiken der Fachleute des Kulturerbesektors.
In einer Region (Toskana) mit einer starken Vorstellung von monumentalem, materiellem und musealem Erbe hat das Ecomuseum Casentino – ein Projekt, das ein Netzwerk von thematischen und kleinen Museen umfasst und von einer „Unione dei Comuni“ finanziert wird, die 17 Gemeinden in einem Gebirgstal in der Toskana zusammenbringt – im Jahr 2018 einen Prozess zur Inventarisierung des ICH gestartet. Im Rahmen dieses Prozesses wurde eine Kartierung und Einbeziehung von Gemeinschaften, Gruppen und Einzelpersonen (CGI) eingeleitet, die es einigen Praxisgemeinschaften ermöglichte, sich nach und nach als Kulturerbe-Gemeinschaften zu organisieren, und zwar unter der Vermittlung des Ökomuseums und der ICH-Fachleute.
Wir analysieren einige Schlüsselergebnisse dieses Prozesses auf der Ebene lokaler und gemeinschaftsbasierter Erzählungen und Initiativen (die Webplattform Educational Heritage mit dem ICH-Atlas und die Pakte für das Kulturerbe) sowie auf der Ebene lokaler Politiken, die ein breites Netzwerk von Interessenvertretern einbeziehen: politische Entscheidungsträger, Bildungseinrichtungen, lokale Verbände, Produzenten und lokale Unternehmen durch ein gemeinsames Instrument: den Patto Territoriale (Territorialpakt).
„Was bedeutet es, die Rechte indigener Völker in der Praxis zu bewahren und Museen und Kulturerbe zu dekolonisieren?“, Bryony Onciul (Universität von Exeter, Großbritannien)
Der Vortrag befasst sich mit dieser Frage und stützt sich dabei auf umfangreiche Forschungsarbeiten in Westkanada zur Entkolonialisierung des Erbes im Zusammenhang mit den Aufrufen der kanadischen Wahrheits- und Versöhnungsbewegung und der Verabschiedung der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker. Die Ergebnisse stützen sich auf zwei vom britischen Arts and Humanities Research Council finanzierte Projekte, Renewing Relations: Indigenous Heritage Rights and (Re)conciliation in Northwest Coast Canada 2022-24und Namała: The Future of Indigenous Rights and Responsibilities 2023-25, und die Ideen fließen in mein neues UKRI FLF-Projekt 2025-29 ein.
In diesem Vortrag werden vier praxisorientierte Ansätze betrachtet, um zu veranschaulichen, wie Museen einen positiven Beitrag zur Dekolonisierung des materiellen und immateriellen Erbes und der professionellen Kulturerbepraxis leisten können.
Der erste Schritt ist die Auseinandersetzung mit der Machtdynamik, die mit dem Konzept des Erbes selbst verbunden ist. Die koloniale Geschichte des Erbes muss anerkannt werden, damit die Macht des Erbes anerkannt, dekolonisiert und zur Unterstützung indigener Rechte genutzt werden kann.
Der zweite Schritt besteht darin, die Prozesse und Praktiken zu betrachten, die angewandt werden können, um konzeptionellen Raum für nicht-westliche Ontologien, Epistemologien und Axiologien zu schaffen, die innerhalb und außerhalb des Museums gesprochen, gehört und gewürdigt werden. Praktiken des Kümmerns und der Reaktionsfähigkeit können dazu beitragen, sicherere gemeinsame Räume zu schaffen.
Der dritte Schritt lädt dazu ein, sich der Beziehungen zwischen materiellem und immateriellem Erbe bewusster zu werden, um einen verantwortungsvolleren und vernetzten Ansatz zur Dekolonisierung zu finden.
Schließlich lädt der Vortrag die Zuhörer ein, über den heutigen Tag hinaus zu denken und zu überlegen, wie man sich mit den Schäden auseinandersetzen kann, die sich noch entfalten und die noch kommen werden, und wie man sinnvolle, wechselseitige dekoloniale Beziehungen aufbauen kann, die lokale Rückforderung, Reparatur, Wiederaufbau, Erneuerung, Widerstandsfähigkeit und Revitalisierung ermöglichen.
12:30 – 14:00
Mittagessen im Forschungscampus Dahlem (auf Selbstzahlerbasis)
14:00 – 16:00
Panel: Orte des Immateriellen
Moderation: Helmut Groschwitz, München, Deutschland
Dieses Panel ist den Orten und Räumen gewidmet, die die Stätten des immateriellen Erbes bilden, sowie ihrem Einfluss auf die dynamischen und transformativen Beziehungen zwischen Praxisgemeinschaften, Museen und dem immateriellen Erbe selbst. Wir möchten die Bedeutung des Ortes für das immaterielle Erbe und die Rolle, die er in Bezug auf das lebendige Erbe, das in Museen bewahrt, weitergegeben und präsentiert wird, spielen könnte, untersuchen. Wir möchten auch Ökomuseen als Orte und digitale Museen als Räume für immaterielles Erbe und ihre Wechselbeziehungen mit dem lebendigen Erbe und den Praxisgemeinschaften untersuchen.
Ausgehend von dem Verständnis, dass das ICH von den Menschen, seinen Bewahrern und Gemeinschaften verkörpert und belebt wird, spielen diese daher die entscheidende Rolle bei der Gestaltung und Veränderung der Beziehungen, die ihre lebendigen kulturellen Traditionen, Praktiken und Ausdrucksformen mit dem Ort haben – in konzeptioneller und konkreter, historischer und zeitgenössischer, lokaler und transnationaler, organischer und bewusster (und aktivistischer) Weise. Auf diese Weise erforsche ich die sich verändernde Dynamik dieser Beziehungen im Zusammenhang mit den allgemeineren wirtschaftlichen, politischen, soziokulturellen und ökologischen Kräften – und den Bedrohungen für das Wohlergehen der Menschen, ihren Lebensunterhalt und ihr ICH -, die im Spiel sind. Angesichts der zunehmenden und miteinander verknüpften Herausforderungen von heute könnten sich Kulturschaffende dazu entschließen, sich mit Fachleuten aus dem Bereich des Kulturerbes zusammenzutun, um die Nachhaltigkeit ihres ICH zu stärken; die Bindung an den Ort aufrechtzuerhalten, wie fließend sie auch sein mag, und ein breiteres Bewusstsein für die anstehenden Probleme zu schaffen. Vor diesem Hintergrund betrachte ich ICH auch durch die Linse von Schutzmaßnahmen, indem ich die Beziehungen von ICH zu Orten und Räumen im Rahmen des Kulturerbes untersuche und mich dabei auf Ansätze der seit langem bestehenden Ökomuseologie und der US-amerikanischen Public Folklore stütze. Anhand von Beispielen aus den USA richte ich die Aufmerksamkeit auf das ICH im archivarischen Kontext, als Ort seiner gemeinschaftlichen Bewahrung, Rückgewinnung, Verbreitung und Weitergabe. Ich schließe mit Überlegungen zu museologischen Bemühungen, die einen Raum für die Aufwertung des ICH der Menschen bieten, einen Raum, der genutzt werden kann, um aktuelle Probleme explizit anzusprechen – tief verwurzelte und anhaltende Probleme, die es auszurotten gilt.
Orte erhalten ihren Sinn und ihre Bedeutung durch die Geschichten, Lieder, Legenden und andere mündliche Äußerungen ihrer Bewohner. Diese Erzählungen schaffen eine Vorstellungsebene, die die geografische und physische Welt überlagert, unser Verständnis von unserer Umgebung prägt und uns mit unseren Gemeinschaften verbindet. In diesem Vortrag stellen wir das LU.GAR-Projekt vor, mit dem mündliche Traditionen in kulturellen Gebieten kartiert werden sollen. Durch das Zuhören und Studieren alter Geschichtenerzähler wollte das Projekt traditionelle Geschichten an neue Generationen weitergeben und neue Geschichtenerzähler motivieren, die mündlichen Traditionen eines Ortes zu übernehmen und durch sie neue Erfahrungen zu schaffen. Das Projekt verfügt auch über eine digitale Version, die virtuelle Orte aus diesen Kulturgebieten hinzufügt (eine wesentliche Dimension in der ICH-Übertragung von Praktiken und Festen heute).
Das Projekt LU.GAR erkennt an, dass traditionelle mündliche Ausdrucksformen in der modernen Welt vor Herausforderungen stehen. In der Vergangenheit war die mündliche Überlieferung ein lebendiger Teil des täglichen Lebens. Die Menschen versammelten sich abends, um Geschichten zu erzählen und sie von Generation zu Generation weiterzugeben. Auf diese Weise wurden kulturelles Wissen, Werte und Überzeugungen bewahrt, aber auch eine Form der Unterhaltung und der sozialen Bindung geschaffen. In der modernen Welt sind die traditionellen Formen der mündlichen Überlieferung zurückgegangen. Die Menschen versammeln sich nicht mehr um das Feuer, um Geschichten zu erzählen. Diese Geschichten sterben jedoch nicht aus, sondern wandeln sich und passen sich der neuen Zeit an. In den letzten Jahren hat es eine wachsende Bewegung zur Wiederbelebung der mündlichen Überlieferung gegeben. Diese Bewegung wird von einer neuen Generation von Geschichtenerzählern angeführt, die sich dafür einsetzen, diese Tradition am Leben zu erhalten. Diese Geschichtenerzähler treten in Schulen, Bibliotheken und an anderen öffentlichen Orten auf. Im Rahmen des LU.GAR-Projekts wurde die Übertragung traditioneller Geschichtenerzähler auf zeitgenössische Geschichtenerzähler und die Rolle dieser neuen Akteure bei der Bewahrung der Traditionen und der Sicherstellung ihrer Weitergabe an künftige Generationen gefeiert.
Das Projekt LU.GAR, eine Zusammenarbeit zwischen Memória Imaterial (einer portugiesischen NRO, die für die Beratung des Zwischenstaatlichen Ausschusses für den Schutz des immateriellen Kulturerbes akkreditiert ist), traditionellen Geschichtenerzählern, Gemeinden (Alenquer, Melgaço, Monção, Paredes de Coura, Valença und Vila Nova de Cerveira), Künstlern und der Theatergruppe Comédias do Minho, begann mit einer kurzen Bestandsaufnahme der mündlichen Traditionen in den Gemeinden und schuf so einen Raum für Dialog, Kreativität und den Austausch von Geschichten. Es ist eine Erinnerung an die Kraft des Geschichtenerzählens, die uns mit unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindet.
Die im UNESCO-Übereinkommen von 2003 enthaltene Definition des immateriellen Kulturerbes (ICH) besagt eindeutig, dass es sich um Wissen und Fertigkeiten, aber auch um Objekte und damit verbundene kulturelle Räume handelt, die von Gemeinschaften, Gruppen und Einzelpersonen als solche anerkannt und über Generationen hinweg weitergegeben werden.
In dieser Präsentation wird das Konzept der Verankerung kultureller Praktiken auf zwei verschiedenen Ebenen untersucht. Die erste Ebene bezieht sich auf die Ausübung der Praxis, das Element der ICH selbst. Sie wird im Zusammenhang mit ihrer Verkörperung analysiert. Wenn Körper Instrumente für den Ausdruck von Erfahrungen sind, so sind Orte Instrumente für deren Weitergabe. In diesem Sinne sind Orte ein integraler Bestandteil des Elements und ein entscheidender Aspekt für die Gewährleistung seiner Übertragung, die auf sozialer Interaktion beruht. Die zweite untersuchte Ebene bezieht sich auf Projekte und Programme zum Schutz des kulturellen Erbes, die als Maßnahmen zum Schutz der ICH gedacht sind. Die Unterbringung wird in diesem Zusammenhang als Schutzmaßnahme verstanden, die die Lebensfähigkeit der ICH gewährleistet.
Beide Ebenen werden anhand einer Fallstudie untersucht, nämlich der des Ecomuseums House of batana, das seit 2016 zu den guten Schutzpraktiken der UNESCO gehört. Das Ökomuseum House of batana ist eine gemeinschaftsbasierte Praxis und Organisation, die auf den Schutz des (materiellen und immateriellen) maritimen Erbes der Stadt Rovinj-Rovigno, Kroatien, ausgerichtet ist.
Ökomuseen als Modelle für die Verwaltung des kulturellen Erbes basieren auf zwei grundlegenden Konzepten: der Beteiligung der Gemeinschaft und der Territorialität. Das Verständnis für die Bedeutung eines ganzheitlichen und auf die Menschen ausgerichteten Ansatzes für das immaterielle Kulturerbe, das von den Menschen in einem spezifischen Umweltkontext gelebt wird, und die Schaffung von Rahmenbedingungen, die sich auf diese Grundsätze stützen, verstärken die Wirkung von Schutzmaßnahmen, die die Lebensfähigkeit des Erbes und seine Nutzung für künftige Generationen sicherstellen.
Das niederländische Zentrum für immaterielles Kulturerbe (KIEN) setzt das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des immateriellen Kulturerbes (ICH) von 2003 um. Eine der Hauptaufgaben von KIEN ist es, das Bewusstsein für das ICH zu schärfen und das ICH sichtbar zu machen. Dabei können die Museen eine wichtige Rolle spielen. KIEN selbst ist seit 2016 Teil des Niederländischen Freilichtmuseums in Arnheim. Dies hilft KIEN, den Kulturerbegemeinschaften eine zusätzliche Bühne zu bieten, um ihre ICH zu zeigen. Später in diesem Jahr wird eines der historischen Gebäude im Museumspark in ein Haus für ICH umgewandelt werden. Das KIEN-Team entwickelt derzeit Konzepte für den Ausstellungsraum und für die Einbindung dieses Ortes in die größere Geschichte des Museums, die sich darauf konzentriert, das tägliche Leben in einer historischen Perspektive zu zeigen. Da das ICH lebendig, dynamisch und oft eng mit einer bestimmten Umgebung verbunden ist, muss die Ausstellung diesen Eigenschaften gerecht werden. Im Laufe der Jahre hat KIEN in dieser Hinsicht Erfahrungen gesammelt, indem es an mehreren Gemeinschaftsprojekten mit Museen und Kulturgemeinschaften teilgenommen oder diese moderiert hat. Zum Beispiel eine Ausstellung über die Zirkuskultur im Niederländischen Freilichtmuseum, die so genannten Crafts Labs in mehreren Museen und im Naturhistorischen Museum in Rotterdam eine Ausstellung über die Beziehung zwischen Tier, Mensch und ICH. In dieser Präsentation werde ich ein weiteres Projekt hervorheben, eine Zusammenarbeit zwischen dem niederländischen Freilichtmuseum, KIEN und siebzehn Kindern und jungen Erwachsenen, die in dem (super)vielfältigen Viertel Presikhaaf in Arnh. Alle diese Jugendlichen sind Mitglieder der Presikhaaf University, einer Organisation, die sich für die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen in Presikhaaf einsetzt. Die Partner dieser Co-Creation haben von Grund auf ein Ausstellungs- und Aktivitätsprogramm über das (immaterielle) Erbe des Viertels entwickelt, das für die Jugendlichen wichtig ist. In dieser Podiumsdiskussion werde ich erörtern, worauf Museen achten sollten, wenn sie sich an solchen gemeinsamen Projekten beteiligen, und die Wechselbeziehungen zwischen dem Viertel, seinen Bewohnern und ihrem lebendigen Erbe, das im Museum gezeigt wird, untersuchen.
16:00 – 16:30
Kaffeepause
16.30 – 17:30
Abschlussrunde mit allen Podiumsteilnehmern
Moderation: Nushin Atmaca (MEK) & Kathrin Grotz (IfM)
18.00 – 19:00
Führungen und Gespräche in den Ausstellungen des MEK
ab 19:30
Empfang (auf Selbstzahlerbasis)
Freitag, 7. Juni 2024
Tagungssprache am zweiten Tag ist Deutsch
08:45 – 09:15
Registrierung und Begrüßung der Teilnehmenden
Rahmenmoderation des Tages: Nushin Atmaca (MEK) & Kathrin Grotz (IfM)
09:15 – 10:00
Key Note: „Immaterielles Erbe. Herausforderungen für die Museumspraxis“
Moderation: Elisabeth Tietmeyer (MEK)
Immaterielles Erbe ist ein genuin kulturpolitisches Konzept, das seit einigen Jahrzehnten expansiv in unterschiedliche Felder diffundiert und dort mitunter handlungsleitend wird. Darauf deutet auch der Call for Papers zu dieser Tagung hin: Für Museen würde „materielles und immaterielles Erbe die Grundlage ihrer Arbeit“ bilden, heißt es dort. Mit dem Konzept des immateriellen Erbes sind Versprechen und Erwartungen verbunden. Ausschnitte von Kultur sollen erhalten oder mit gezielten Maßnahmen weitergegeben werden. Die dabei gemanagte und inwertgesetzte Kultur wird zu einer Ressource, sie wird als Ausdruck gelebter kultureller Vielfalt verstanden, als Instrument kultureller Bildung oder etwa als Beispiel nachhaltiger Umgangsweisen mit der Natur.
Vor diesem Hintergrund versucht der Vortrag, immaterielles Erbe als „slogan-concept“ (D. Noyes) kritisch einzuordnen. Er fragt nach den mobilisierenden Aspekten des Konzepts, nach (nicht-intendierten) Effekten der Übernahme und ordnet immaterielles Erbe in globale Prozesse sich verändernder Kulturverständnisse ein, von denen die museale Praxis alles andere als unberührt bleibt. Leisten etwa die Museen mit der Übernahme des Konzepts Kulturerbe der Politisierung, Instrumentalisierung oder Kommodifizierung von Kultur Vorschub? Welche Effekte ergeben sich, wenn kulturpolitische Terminologien (u.a. living heritage, Trägergruppen) Eingang in museale Repräsentationspraktiken finden? Erzeugt die zwangsläufige didaktische Reduktion in der Ausstellungspraxis allenfalls monolithische Perspektiven auf das, was kulturpolitisch als immaterielles Erbe verstanden wird? Und im Gegenzug: Wie können Polyphonie, Dissonanz oder konfligierende Vorstellungen kulturellen Erbes abgebildet werden? Inwiefern erzeugen Museen kulturelles Erbe mit und welche Herausforderungen entstehen dadurch?
10:00 – 10:15
Wegepause
10:15 – 11:15
Projekt- und Initiativschaufenster I
Das Projekt „Manufakturelle Schmuckgestaltung“ hat seinen Ursprung in der Arbeit von Dr. Gabriele Wohlauf, die 1993 im Deutschen Technikmuseum die Ausstellung „Manufakturelle Schmuckproduktion“ eröffnete. Ziel war es das Zusammenspiel von Mensch und Maschine am Beispiel einer manufakturellen, also arbeitsteiligen, Produktion zu zeigen. Im Fokus stand das Erfahrungswissen der Menschen. Dieses galt es zunächst zu sammeln. Dazu musste eine Form gefunden werden, die die Bewahrung des gesammelten Wissens möglich macht. Erste Ansätze waren die schriftliche und fotografische Dokumentation der historischen Maschinen und Arbeitsabläufe. Ergänzend dazu wurden über die Jahre mehr als 200 Stunden Filmmaterial mit Expert*innen der Schmuckherstellung aufgezeichnet. Es wurde jedoch schnell klar, dass das nicht genügen würde. Erfahrungswissen muss „erfahren“ werden. Wichtige Informationen wie der Klang einer Sache oder die Farbe können je nach Qualität der Aufnahme und des Wiedergabegerätes verfälscht, andere Informationen wie Haptik oder Geruch überhaupt nicht dokumentiert werden. Ein erster Schritt dieses Problem zu lösen war die Ausbildung des Vorführers Manfred Schweiß durch erfahrene Expert*innen aus Pforzheim. So wurde das Wissen und Können erstmal im Museum gesichert und den Besucher*innen in Form von Vorführungen verfügbar gemacht. Im nächsten Schritt kamen, für eine langfristige Wissenssicherung, Kooperationen mit Hoch- und Goldschmiedeschulen dazu. In einwöchigen Seminaren erhielten angehende Schmuckschaffende die Gelegenheit die historischen Techniken und Maschinen kennenzulernen und neu zu interpretieren. Es folgten zwei Stipendienprogramme, sowie die Möglichkeit für ausgelernte Schmuckschaffende die Maschinen im Rahmen einer offenen Werkstatt zu nutzen. Ergänzt wird dieses Angebot mit Aktionen für Kinder und interessierte Laien. Das Projekt wurde 2015 in das Register guter Praxisbeispiele, der Bundesweiten Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen. Andrea Grimm, Werkstattleitung der manufakturellen Schmuckwerkstatt und Leonardo Wassermann Pulido, ein Graveur, der das Projekt während seiner Ausbildung kennenlernte und auch danach die offene Werkstatt nutzte erörtern im Dialog die Vorteile des Museums als Vermittlungsort für handwerkliche Produktionstechniken. Was macht das Angebot für die Trägergruppen so interessant? Wie profitieren sie davon? Worin liegt der Mehrwert für die museale Arbeit? Auf all das und mehr geben die beiden Antworten.
Ort: Foyer FC Dahlem
Karneval ist zentraler Bestandteil der regionalen Alltagskultur im Rheinland und kulturelles Erbe der Region. Lebendig, bunt, vielfältig und zuweilen kontrovers betrachtet, dabei anschlussfähig für unterschiedlichste Bedürfnisse, verändert sich der Brauchkomplex immer wieder. Gesellschaftlicher Wandel bleibt dabei nie außen vor, auf ihn reagiert der Karneval geradezu seismographisch: Entwicklungen im alternativen Karneval von Stunksitzung bis Friedensdemo, Diskussionen um Genderaspekte oder rassistische Gehalte von Kostümen seien hier exemplarisch genannt. Zugleich ist der Karneval für viele Menschen Identitätsanker und Erlebnisfolie für positiv konnotierte Werte wie Gemeinschaftsgefühl, Lebensfreude, ehrenamtliches Engagement und Kreativität. All diese teilweise widersprüchlichen Aspekte – zwischen Tradition und Innovation, Exklusion und Inklusion oder Ordnung und Entgrenzung – sind Repräsentationen des IKE „Karneval“. Hier eröffnet sich ein Spannungsfeld, das auch unter den Brauchträger*innen engagierte Diskussionen anstößt: Wie geht Karneval richtig? Was ist sein Wesen und ‚legitimer‘ Teil seines Erbes? Eher selten wird dabei reflektiert, wer hier eigentlich die Deutungsmacht beansprucht. Debatten um den Sinn und das Wesen von Karneval verstärken sich in Zeiten von Jubiläen: In Bonn werden in der Session 2025/2026 „200 Jahre Bonner Karneval“ gefeiert. Das Jubiläum ist Anlass für ein gemeinsames Projekt des Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen und des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (LVR-ILR) mit dem Festausschuss Bonner Karneval, der das jährliche Karnevalstreiben in Bonn organisiert und gestaltet. Ziel ist es, ein Ausstellungformat zu entwickeln, das im Bonner Stadtraum präsentiert wird und unterschiedliche Positionen von Akteur*innen des Karnevals einbezieht.
Unser Tagungs-Tandem gibt vielschichtige Einblicke in dieses Ausstellungsvorhaben und lässt unterschiedliche Träger*innen des immateriellen kulturellen Erbes anhand multimedialer Quellen zu Wort kommen. Audiovisuelle Clips, Interviewauszüge, aber auch materielle Zeugnisse machen die Heterogenität des Brauchkomplexes anschaulich, (vermeintliche) Widersprüche werden analytisch ausgelotet. Der Fokus ist dabei immer wieder auf das Immaterielle gerichtet, um zu diskutieren: Wie lässt sich das Unfassbare (be)greifbar machen? Am Beispiel des Rheinischen Karnevals möchte das Schaufenster Impulse zur Frage geben: Braucht es einen Paradigmenwechsel bei der Ausstellung von Immateriellem Kulturellem Erbe?
Ort: Explorationsraum
11:15 – 11:30
Wegepause
11:30 – 12:30
Projekt- und Initiativschaufenster I (Fortsetzung)
Abstract (siehe oben), Ort: Foyer FC Dahlem
In dem Tandem Projekt sollen die Möglichkeiten einer digitalen Zusammenarbeit ausgelotet werden. Wie kann eine Zusammenarbeit zwischen dem Berliner Phongramm-Archiv und den indigenen Verterter:innen etabliert werden?
Verschiedene Aufgabenfelder sind für die Aufbereitung von Ton- und Sprachaufnahmen relevant: So stellt die Provenienz dieser Aufnahmen eine wichtige Facetten bei der Erforschung der Bedeutung der Aufnahmen für die Akteure in Deutschland und in México dar. Des weiteren ist es wichtig, die Qualität der Sprachaufnahmen zu verstehen. Sind es sensible Aufnahmen und Texte, rituelle Sprache, oder andere Arten von Ton- und Sprachaufnahmen, die gegen einen Open Access sprechen? Wie soll der Zugang zu den digitalisierten Aufnahmen gestaltet werden? Wie können
diese Aufnahmen aufbereitet werden, so dass die Herkunftscommunities von diesen Aufnahmen profitieren können? Wie kann man diese Aufnahmen medial aufbereiten, so dass sie eventuell im musealen Kontext einem Publikum präsentiert werden können?
Bei der Internationalen Tagung „Unfassbar“ werden die beiden indigenen Vertreter:innen ihre Fragen und Vorschläge zum Umgang mit den Aufnahmen und zur Aufarbeitung der Aufnahme in einem vorher eingespielten Video präsentieren. Harry Thomaß wird bei der Präsentation als Moderator auftreten, das Spanische, Lacandon und Tsotsil übersetzen, den technischen Prozess des Aufbereitens der Sprachaufnahmen indigener Sprachen erläutern und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im digitalen Raum entwerfen.
Ort: Explorationsraum
12:30 – 13:30
Mittagessen am Forschungscampus Dahlem (Selbstzahler)
13:30 – 14:30
Projekt- und Initiativschaufenster II
Wir zeigen die Verbindung zwischen Schulmuseen und unterschiedlichen Praxisgemeinschaften und ihrem jeweiligen, immateriellen Kulturerbe.
Schulmuseen entstanden in Europa meist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, um didaktisches Material für den Unterricht zu sammeln, zu erhalten und Lehrende zur anschaulichen Unterrichtsgestaltung anzuregen (vgl. Schnitger 1908). Mit der Zunahme von industriell gefertigtem Unterrichtsmaterial und der Verwissenschaftlichung der Pädagogik an Universitäten wurde das Schulmuseen als Musenhort für Lehrende und ihr immaterielles Kulturerbe dauerhaft entwertet. Heutige Lehrende nutzen Schulmuseen in der Regel nur noch, um Schülerinnen und Schülern Schulgeschichte zu zeigen.
Nach diesem Paradigmenwechsel speicherten Schulmuseen hauptsächlich das kulturelle Gedächtnis (vgl. Assmann 1988) der Institution Schule. Als Nebeneffekt dieses Speicherns wurden in Schulmuseen auch Zeugnisse von sprachlich-kulturellen Praxisgemeinschaften aufbewahrt, die immaterielles Kulturerbe dieser Praxisgemeinschaften aus historischer, individueller und familiärer Perspektive zeigen. Die Sammlung des Forschungs- und Dokumentationszentrum zur Südtiroler Bildungsgeschichte ist durch seine regionale Lage und wechselvolle Geschichte hierfür ein reichhaltiges Beispiel. Zwischen den Generationen und unterschiedlichen, sprachlichen und kulturellen Praxisgemeinschaften können solche schulischen Zeugnisse eine multiperspektivische Erinnerungskultur unterstützen, d. h. für Fragen über und an individuelles und kollektives Gedächtnis genutzt werden. Darüber hinaus können aus solchen historischen Zeugnissen Ansätze für die Vermittlung und Aneignung von Sprache und Kultur in der Gegenwart gewonnen werden. Schulmuseen können somit eine wichtige Ressource für die Weitergabe immateriellen Kulturerbes sein.
Das Poster nimmt einerseits historische Praxisgemeinschaften von Lehrerinnen und Lehrern in den Blick, deren immaterielles Erbe einer gelebten Erziehungskunst in den materiellen Sammlungsobjekten von Schulmuseen größtenteils verschüttet ist. Andererseits verweist das Poster auf das immaterielle Erbe von lokalen, sprachlich-kulturellen Praxisgemeinschaften, deren historische, sprachliche sowie kulturelle Selbstzeugnisse in Schulheften und Gegenständen von Schulmuseen aufbewahrt werden. Sie stehen damit gegenwärtigen und künftigen Generationen dieser Praxisgemeinschaften als Bezugspunkte ihres immateriellen Kulturerbes zur Verfügung.
Ort: Foyer FC Dahlem
Das Flechthandwerk ist immaterielles Kulturerbe (IKE) Deutschlands. Noch vor wenigen Jahrzehnten hatte es erhebliche wirtschaftliche Bedeutung – heute ist es auf der Suche nach neuen Wegen. Die Aufgabe des Zentrums Europäischer Flechtkultur (ZEF) ist es, das Flechthandwerk zu fördern und bekannt zu machen. Das Ziel ist: das Wissen zu dokumentieren und Impulse für eine mögliche Zukunft zu setzen. Eine Schlüsselrolle für die Zukunft des Handwerks kommt Deutschlands einziger Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung zu. Dort in Lichtenfels gibt man das tradierte Wissen und Können des IKE weiter. Innerhalb Europas gibt es ein starkes Verlangen nach Austausch und Vernetzung zwischen den Flechtkulturen. Lebendiges Handwerk braucht genau das! Das ZEF organisiert das bedeutendste, jährlich stattfindende internationale Flecht-Kultur-Festival in Lichtenfels (OFr.), der deutschen Korbstadt. Internationale und regionale Aussteller zeigen dort neue Werke. Ausstellungen, das Kurzfilm-Festival „Weaving Culture – Flechtkultur“, Workshops und eine Fachtagung sind Kernelemente eines attraktiven Angebots für fachlichen Austausch. Dazu kommt ein hervorragend besuchter Spezialmarkt mit wirtschaftlicher Bedeutung. Alle vier Jahre findet in Polen das „Weltfestival Korbweide und Flechtkultur“ statt. Die Präsentation der Flechtkultur Deutschlands plant und organisiert das ZEF. 2023 waren als Partner die Korbstadt Lichtenfels, Absolventen der Berufsfachschule, der Bundesinnungsverband und das Museum Europäischer Kulturen vertreten. Diese Festivals sind wichtige Schnittstellen des Immateriellen, zwischen lebendigem Kulturerbe und bewahrenden Aktivitäten eines Museums.
Mit der Ausstellung „ALL HANDS ON: Flechten“ holte das Museum Europäischer Kulturen (MEK) Depotschätze ans Licht. Als Mitmach-Ausstellung unter Einbeziehung gegenwärtiger Flechter konzipiert, erweist sie dem Flechthandwerk eine Referenz. Impulse kamen von den Flechtfestivals in Nowy Tomyśl und Lichtenfels, woraus sich die Zusammenarbeit mit dem ZEF entwickelte. So kam ein Lichtenfelser Berufsschullehrer ins MEK, um Objekte zu analysieren. Mit modernen Medien, insbesondere Filmen macht die Ausstellung verborgenes Wissen sichtbar. Mit dem Residenz-Programm der Ausstellung wird in Berlin lebendiges Flechthandwerk erlebbar. Ausstellungen sind eine Möglichkeit, die abstrakte, nicht einfach vermittelbare Dimension des Immateriellen zu verstehen und zugänglich zu machen.
Ort: Explorationsraum
14:30 – 14:45
Wegepause
14:45 – 15:45
Projekt- und Initiativschaufenster II (Fortsetzung)
Präsentation – Der Workshop „Manufaktur und Forschung: Die Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin basiert auf der Beschreibung zweier einzigartiger Kunsthandwerksberufe: Gipskunstformer und Skulpturenmaler, die bereits im 19. Jahrhundert an Orten künstlerischer Produktion tätig waren. Hierbei stellen die entstandenen kunsthandwerklichen Objekte und das tradierte Wissen über deren Herstellung außergewöhnliche Beispiele für sowohl materielles als auch immaterielles Kulturerbe dar.
Während des Workshops werden wir die gegenseitige Beeinflussung der materiellen und immateriellen Kultur im Handwerk darstellen, und uns mit wichtigen Fragen zum Erhalt dieser kulturbewahrenden Berufsstände für künftige Generationen befassen. Schlussendlich werden die Möglichkeiten zum Schutz des immateriellen Kulturerbes diskutiert.
Ort: Foyer FC Dahlem
Spielen Museen bei der Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes eine Rolle? Am Beispiel des LWL-Freilichtmuseums Detmold und des Heimatvereins Nieheim wird aufgezeigt, wie wichtig und erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Praktikern aus der Region und Museen sein kann.
Ort: Explorationsraum
15:45 – 16:00
Wegepause
16:00 – 16:30
“Plenary Meeting” mit allen Initiativschaufenstern
Moderation: Patricia Rahemipour (IfM)
Dr. Lisa Maubach, studierte Volkskunde/Europäische Ethnologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Ihre Promotion erfolgte im Fach Volkskunde/Kulturgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu einem Aspekt des Freizeitverhaltens in der DDR. Sie war lange Jahre freiberuflich im Museumswesen in den Bereichen Ausstellung, Inventarisierung und Vermittlung tätig. Von 2011 bis 2021 war sie wissenschaftliche Referentin im LWL-Freilichtmuseum Hagen. Dort baute sie das Kompetenzzentrum Handwerk und Technik als Plattform für Forschungen zum immateriellen Kulturerbe des Handwerks und seiner Technik in Westfalen-Lippe auf. Sie entwickelte audiovisuelle Methoden, um das Immaterielle in der materiellen Kultur zu erforschen, zu dokumentieren und zu vermitteln. Seit November 2021 ist sie Leiterin der Abteilung Alltagskultur und Sprache im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte. Auch dort sind Handwerk und Technik sowie Arbeitswelten Forschungsgebiete, u. a. im ethnografischen Film. Sie bleibt damit ihrem Forschungsinteresse an der Verbindung von immaterieller und materieller Kultur mit dem Fokus auf den Menschen treu. Lisa Maubach ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft, in der Kommission für Alltagskulturforschung in Westfalen, im Interdisziplinären Arbeitskreises Handwerksquellen im Zentralverband des Deutschen Handwerks und darüber hinaus im Verein WAM! Women in arts and media.